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Portrait de femme
Mit einer Expertise des Wildenstein Institutes, Paris, vom 12. Oktober 2001. Die Arbeit wird in das in Vorbereitung befindliche Werkverzeichnis von François Daulte aufgenommen
PROVENIENZ: Dr. Hans Bethge, Berlin.
Wenn der Dichter Hans Bethge, aus dessen Sammlung das Porträt stammt, 1945 an seine Eltern schreibt: "[...] ich habe alles verloren, meine schöne Wohnung, meinen Beruf, meinen Kunstbesitz (nur je ein Pastell von Renoir und Degas habe ich hier, die ich auch einst verkaufen muß) [...]" spricht er von dem vorliegenden Werk. Hans Bethge (1876-1946) entwickelt schon in jungen Jahren seine Leidenschaft für die Dichtkunst - so konnte er bereits 1898 seinen ersten Gedichtband "Die Stillen Inseln" veröffentlichen. Mit Dichtern wie Hermann Hesse, Hugo von Hofmannsthal und Else Lasker-Schüler zählt er Ende des 19. Jahrhunderts zu einer neuen Dichtergeneration. Durch seine Unbefangenheit, seine Ausstrahlungskraft und seine durch zahlreiche Reisen gefestigten fremdsprachlichen Fähigkeiten bewegt er sich in den avantgardistischen Kreisen dieser Zeit. Zu seinem Freundeskreis gehören bildende Künstler wie Hermann Max Pechstein, Künstler aus Worpswede, Auguste Rodin, Edgar Degas und Pierre-Auguste Renoir, aber auch Musiker wie Gustav Mahler. Besonders zu Lehmbruck, dessen Werke ebenfalls in Bethges Sammlung vertreten sind, hatte er eine tiefe Freundschaft entwickelt und ihm ist es zu verdanken, dass "trotz der Verfolgung des Künstlers als 'Entartet' uns Heutigen Lehmbruck als einer der größten deutschen Bildhauer des zwanzigsten Jahrhunderts selbstverständlich ist". Bethge ist nicht nur Teil der damals zeitgenössischen Kunst, sondern er zählt auch zu ihren Förderern, indem er Künstlern Gedichte widmet, wodurch sie nicht in Vergessenheit geraten, in einer Anthologie die zeitgenössische Dichtung für jeden ersichtlich zusammenfasst oder sich mit den Werken seiner Künstler-Freunde wie Lehmbruck, Kokoschka, Hofer und Renoir umgibt. [DP]Renoir entwickelt in seinen Werken einen Typus weiblicher Schönheit, der auch im vorliegenden Pastell wiederkehrt und sich durch eine kleine Stirn, die Stupsnase, mandelförmige Augen und rote Lippen auszeichnet. Götz Adriani beschreibt diesen Frauentyp wie folgt: "Nach den Heroinen, den Orientalinnen und Bäuerinnen seiner klassizistischen, romantischen oder realistischen Vorgäner schuf er den Prototyp jener kaum der Kindheit entwachsenen, proletarischen Großstadtpflanzen,..." (Adriani 1996, S. 165).
Pastell
Rechts unten signiert. Auf Bütten 48,4 x 41 cm ( 19 x 16,1 in), blattgroß.
Privatsammlung Süddeutschland.
Renoir wendet sich um 1880 der Technik des Pastells zu, das im 19. Jahrhundert als verpöntes Sinnbild der Frivolität des Rokokos und der höfischen Porträtkunst des 18. Jahrhunderts galt. Mit der allmählichen Rehabilitierung des 18. Jahrhunderts begannen Künstler wie Manet und Degas diese Technik als Stilform zu etablieren. Lange Zeit beschäftigte sich die Kunstgeschichte nur mit Renoirs Ölgemälden bis man erkannte "wie sehr die Gestalt des Künstlers und die Frische seiner Vorstellungskraft durch die Skizzen und Studien bestimmt sind" (Daulte 1958, S. 8). Pastelle verbinden die reine Zeichnung mit Farbe und somit kann der Künstler schnell arbeiten und "ein von Intelligenz oder Sensibilität erleuchtetes Antlitz" (Daulte 1958, S. 10) erschaffen, deren Farbskala sich bei Renoir meist in einem Spektrum von Schwarz-, Blau- und Grüntönen bewegt.
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